In der aktuellen Diskussion zum anstehenden Bürgerentscheid über die Einrichtung eines Nationalparks in der Egge wird immer wieder behauptet dieser sei in der Egge nicht nötig, denn diese sei ja bereits jetzt umfassend geschützt, da sie zum überwiegenden Teil – nämlich zu 71 % – als Naturschutzgebiet ausgewiesen sei. So argumentieren etwa der Paderborner Bürgermeister Michael Dreier und ähnlich auch viele Förster der Region.
Dabei sollte unstrittig sein, dass die Förster meist eine hervorragende Arbeit leisten: Die Zeiten der Monokulturen mit Fichtenforsten sind – ganz gewiss im Staatsforst – seit Jahrzehnten Vergangenheit. So werden überall auf den Kalamitätsflächen, auf den die Trockenheit in Zusammenarbeit mit dem Borkenkäfer gewütet hat, resiliente Mischwaldkulturen mit einem hohen Laubwaldanteil hochgezogen. Sie sollen auch unter veränderten klimatischen Bedingungen in Zukunft bestehen können.
So ist es verständlich, dass Förster – wie kürzlich Roland Schockemöhle in Elsen – sehr überzeugend über seine Arbeit und die seiner Kollegen berichten und auf ihren ökologischen Wert hinweisen konnte. Das wird auch von den Naturschutzverbänden gewürdigt und anerkannt: Der Förster empfindet sich mit Recht als Naturschützer und nicht als Holzknecht.
Dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass auch in den Naturschutzgebieten der Egge ordnungsgemäße Forstwirtschaft betrieben werden kann, denn auch der Wald in einem Naturschutzgebiet ist Forst und damit Wirtschaftswald. In ihm wird im Regelfall nicht mit Rückepferden sondern mit dem Harvester und schwerem Gerät gearbeitet. Auf einem Netz von über 300 km Forstwegen wird das geschlagene Holz gelagert und dann abtransportiert mit viele Tonnen schweren Fahrzeugen. Auf bis zu 5 m breiten Forstwegen wird dabei der Boden auf Jahrzehnte hinaus verfestigt und die darauf befindliche Humusschicht zerstört. Und gerade in ihr wird bis zu 50 % des CO2 aus der Luft langfristig gebunden, wie neuere Untersuchungen des Max-Planck-Instituts in Jena ergeben haben.
Um bessere Wachstumsbedingungen für die Bäume an den regenreichen Westhängen der Egge zu schaffen, wurde durch ein Entwässerungssystem der Boden drainiert und die Schwammwirkung des Waldes vermindert.
Dies alles sind Maßnahmen, die im Rahmen einer ordnungsgemäßen Forstwirtschaft auch in einem Naturschutzgebiet durchgeführt werden dürfen. Sie sind jedoch weit entfernt von dem, was in einem nutzungsfreien Waldgebiet geschehen sollte. In der Kernzone eines Nationalparks soll die Natur sich so entwickeln können, wie sie es will. Und sie weiß besser als jeder noch so naturnah arbeitende Förster und jeder Naturwissenschaftler, was ihr guttut. Wir können das voller Staunen beobachten, erleben und davon lernen.
Deutschland hat sich vor vielen Jahren verpflichtet – und das lange vor der Ampelregierung – bei der Umsetzung seiner Nationalen Biodiversitätsstrategie 5 % seiner Waldflächen aus der Nutzung herauszunehmen und sich zu Wildnis-Gebieten entwickeln lassen; in NRW sind es jetzt gerade 2 %.
Das staatliche Umweltamt in NRW (LANUV) hat bereits 2005 die Egge als geeignet für einen Entwicklungsnationalpark erklärt. Jetzt bietet sich die unmittelbare Chance, diesen zu realisieren. Jetzt liegen uns allen die Briefwahlunterlagen im Bürgerentscheid vor und pro grün fordert alle Bürgerinnen und Bürger auf, zusammen mit Greenpeace, BUND, NABU und Naturwissenschaftlichem Verein: Stimmen Sie mit Ja! für einen Nationalpark Egge.
Dieter Dubisch, Vors. pro grün e.V. Paderborn