Offener Brief von pro grün e.V. Paderborn am 13. November 2021 an
Herrn Dreier (Bürgermeister der Stadt Paderborn), Frau Warnecke, (technische Beigeordnete der Stadt Paderborn), die Fraktionsvorsitzenden im Paderborner Rat:
In Glasgow sind die COP26-Verhandlungen gelaufen und haben uns wegen der bisher noch nie da gewesenen Dramatik in der Entwicklung des Klimageschehens die dringende Notwendigkeit eines massiven Umsteuerns zu Energieeffizienz, Erneuerbaren, und zu Null-Emissionen deutlich gemacht.
Auf Grund der positiv angelaufenen Diskussionen zum Barker-Konversions-Areal hoffen wir, dass dieses Signal aus Glasgow gehört worden ist; bei Alanbrooke jedoch müssen wir befürchten, dass wir weit unter den Anforderungen bleiben werden, die jetzt im Hinblick auf Klimaneutralität notwendig und auch möglich sind. Hier sind immer noch KfW „Effizienzhaus-Standards“ von gestern Grundlage, die weder hohe Energie-Effizienz noch effizienten Umgang mit Erneuerbaren, noch Klimaneutralität garantieren.
Dabei hat der Bund in den letzten Tagen den KFW-EH 55-Standard von der Förderliste gestrichen und damit ein wichtiges Signal an Bauherren, Politik und Öffentlichkeit gesandt. Dies gilt es auch in Paderborn zu hören! Wie sonst wollen wir hier in Paderborn bis 2035 Klimaneutralität auch nur im Neubaubestand erreichen?
Konkret geht es jetzt insbesondere um die angelaufene, „heiß“ werdende Vermarktung der Alanbrooke-Flächen. Diese sind im Besitz der Stadt, so dass die Stadt in der beneidenswerten Lage ist, hier rechtsverbindlich Einfluss im Sinne höherer Standards zu nehmen. Pro grün bittet daher eindringlich, jetzt in diesem Sinne umzusteuern!
Dies geschieht in vielen Kommunen in ähnlicher Lage bereits zig-fach. Es ist doch so einfach, wenn man es nur will: Festschreibung höherer Standards im Kaufvertrag.
Bedenkt man, dass der Gebäudesektor mit sagenhaften 40 % an dem Treibhausgas-Ausstoß in Deutschland verantwortlich ist, dann sollte es eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, dass wir in Paderborn die einmalige Chance nutzen, bei der Überplanung der Konversionsflächen Alanbrooke und Barker die technisch möglichen Einsparungen an Treibhausgasen auch tatsächlich umzusetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Dieter Dubisch,
1. Vorsitzender, Gemeinnütziger Umweltschutzverein pro grün e.V. Paderborn
[pdf-embedder url=”http://neu.progruen-paderborn.de/pgpb/wp-content/uploads/2021/12/2-Antwortschreiben-StadtPaderborn-Warnecke-26-11-2021.pdf”]
3. Auf das Schreiben vom 26.11.2021 der Stadt Paderborn hat pro grün e.V. folgendermaßen Stellung genommen:
Ihr Brief v. 26.11.21 zu:
Klimagerechte Bebauung auf dem Alanbrooke-Gelände. Jetzt!
Sehr geehrte Frau Warnecke,
wir danken Ihnen für die Beantwortung unseres Offenen Briefes und erlauben uns, Ihre Antwort und auch diesen Brief an Sie – ebenfalls als Offenen Brief – an alle vormals einbezogenen Adressaten, einschließlich Bürgermeister und Fraktionsvorsitzende, weiterzuleiten.
Denn: Es besteht weiterhin akuter Handlungsbedarf für Klima und Gesellschaft!
Der Punkt, der uns mit größter Sorge erfüllt, ist die Tatsache, dass auf Alanbrooke nach dem veralteten, nicht-nachhaltigem KfW55-Standard gebaut wird, der im Quartiershandbuch von Alanbrooke vor Jahren als einzuhaltender Baustandard festgelegt worden ist. Nach dem Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes und Forderungen der Klimakonferenz Glasgow 2021 hat sich das Rad jedoch deutlich weitergedreht, so dass auch in Deutschland der KfW 55 Standard ab 1.2.2022 aus der Förderung gestrichen wird und gemäß Koalitionsvertrag ab 1.1.2025 KfW40 als Mindeststandard GESETZLICH vorgeschrieben sein wird.
Wollen wir etwa in Paderborn auf öffentlichem Grund jetzt noch Gebäude bauen lassen, die nicht zukunftsfähig sind und bereits kurz nach Fertigstellung als Neubau gesetzlich verboten wären? Sie weisen zu unserem Erstaunen darauf hin, dass es Investoren frei stehe, den KfW55-Standard zu unterbieten, fordern es aber nicht! Es bliebe Investoren daher weiterhin völlig unbenommen, Gebäude nach diesem überholten Standard zu bauen. Dagegen kauft z.B. die Stadt Frankfurt wie zig andere Kommunen Bauland sogar von Privat an, um es anschließend an Investoren mit der verbindlichen Auflage zu veräußern, den gesetzlich vorgeschriebenen energetischen Standard weit zu unterbieten und Passivhausstandard einzuhalten.
Will Paderborn rückwärtsgewandt jetzt noch das Gegenteil davon machen? Dabei besitzt Paderborn die Grundstücke bereits und muss bei der jetzt angelaufenen Investorenauswahl, der Vermarktung und dem Abschluss der Verkaufsverträge nur entsprechend handeln. Die Stadt sollte im Interesse von Klima und Gesellschaft und im Sinne Ihrer eigenen Klimaziele explizit jene Investoren bevorzugen, die Energiestandards wie z.B. KfW40 in zukunftsfähiger Passivhaus- oder Passivhaus-Plus-Ausprägung anbieten. Diese Standards sollten sodann in den Verträgen festgeschrieben werden und an anderer Stelle könnten ggf. weitere Sonderkonditionen eingeräumt werden. Auch sollte die Stadt ihre allgemeinen Vergaberichtlinien entsprechend anpassen und klimagerechtes hocheffizientes Bauen einfordern.
Es ist 5 nach 12 – wir müssen handeln – jetzt!
Mit freundlichem Gruß
Dieter Dubisch,
1. Vorsitzender, Umweltschutzverein pro grün e. V. Paderborn