Einwendung gegen den Vorhabenbezogener Bebauungsplan Nr. SN 282, II. Änderung „Hesse Mechatronics“ im Rahmen der Offenlegung
Die Paderborner Natur- und Umweltschutzverbände NABU, BUND, Naturwissenschaftlicher Verein und der Umweltschutzverein pro grün wenden sich gegen den geplanten Bau eines Parkhauses im Bereich der im Flächennutzungsplan ausgewiesenen Waldflächen.
Die im Umweltbericht aufgestellte Behauptung für die standortbezogene Betriebsentwicklung sei der Bau des Parkhauses auf Grund der betriebsnotwendigen Erweiterung am aktuellen Standort alternativlos ist sachlich falsch. Zur Begründung heißt es dort (S. 9):
„Eine Erweiterung an anderer Stelle stellt aus funktionalen und betrieblichen Gründen keine Option dar. Die neuen Betriebseinheiten müssen zur Sicherstellung funktionaler Abläufe mit den bestehenden direkt verknüpft werden.“
Es ist nicht einsehbar, warum Autostellplätze für Mitarbeiter der Firma aus „funktionalen und betrieblichen Gründen“ und zur „Sicherstellung funktionaler Abläufe“ zwingend auf dem Betriebsgelände errichtet werden müssen. Welche betrieblichen Gründe sprechen dagegen und welche funktionalen Abläufe werden gestört, wenn Mitarbeiter der Firma einige hundert Meter von ihrem Autostellplatz zu ihrem Arbeitsplatzt zurücklegen müssen? Sie sind nicht ersichtlich; es wäre im Gegenteil aus gesundheitlichen Gründen sehr sinnvoll, wenn Autofahrer nach einer längeren Autofahrt am Morgen und vor einer solchen am Abend einen kleinen Fußweg von wenigen hundert Metern zurücklegen müssten.
Nach der aktuellen Stellplatzverordnung NRW muss der Stellplatznachweis nicht mehr auf dem Betriebsgelände selbst nachgewiesen werden. Er kann auch außerhalb des Geländes liegen Dabei gilt eine Entfernung von bis zu 500 m als zumutbar. Daher ist die Verwaltung der Stadt Paderborn mit Planungs-, Liegenschafts- und Grünflächenamt zusammen mit der Wirtschaftsförderungsgesellschaft gefordert die Firma zu unterstützen im zumutbaren Umfeld der Firma Stellplatzmöglichkeiten zu finden, die es der Firma ermöglichen, die von der Bauordnung vorgeschriebenen Stellplätze für ihre Mitarbeiter zu stellen.
Geeignete Flächen dafür zu finden kann nicht Aufgabe von unseren Verbänden sein. Dennoch haben wir dazu Überlegungen angestellt und schlagen eine ehemalige, im städtischen Besitz befindliche Deponiefläche an der Hedwig-Dransfeld-Straße vor, auf der nach unserer Auffassung, wenn nicht ein Parkhaus so doch gewiss Parkpaletten errichtet werden könnten. Wir halten die Behauptung der Verwaltung der Baugrund sei selbst im Bereich der Straße für Parkpaletten nicht geeignet und die gesamte Fläche von mehr als zwei Hektar Größe sei für den hypothetischen Fall einer Erweiterung des Fußballstadions zwingend vorzuhalten für nicht stichhaltig.
Zudem würde nur ein geringer Teil der ehemaligen Deponiefläche von mehr als 20.000 Quadratmetern ausreichen, für die von der Firma benötigten. Vorstellbar wäre auch die Errichtung von Parkpaletten auf einen Teil der jetzigen Stellplätze des Vereins, um damit die nötige Anzahl an Stellplätzen bei einem zukünftigen hypothetischen Stadionausbau zu erstellen. Der Fußweg von dem ehemaligen Deponiegelände zum Betriebsgelände wäre zwischen 200 und 300 m lang und damit durchaus zumutbar.
Bei einem Abwägungsprozess zwischen den wirtschaftlichen Interessen einer Firma und denen eines Sportvereins darf in Zeiten des Klimawandels und des damit verbundenen rasant wachsenden Artensterbens nicht die Natur das Opfer sein. Noch immer werden in Deutschland täglich 55 Hektar Fläche bebaut und gehen der Natur verloren. Wenn wir bis 2030 diesen Flächenverbrauch auf 30 Hektar täglich reduzieren wollen und bis 2050 auf Netto-Null , müssen wir bei Baumaßnahmen den Flächenverbrauch reduzieren, sonst können wir die Forderungen der EU-Biodiversitätsstrategie , die wir 2021 in die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie übernommen haben, nicht erfüllen.
Im direkten Umfeld der Firma Hesse erstrecken sich Parkplätze über etliche Quadratkilometer durch Firmen wie Höffner, Hornbach Nixdorf-Nachfolger Firmen, Fußballverein, Ahornsportplatz usw. Alle im Bereich der ehemaligen Almeaue mit den wertvollsten Ackerböden im ganzen Kreisgebiet. Und jetzt soll ausgerechnet noch ein kleines Waldgebiet für weiteren Parkraum gerodet werden!
Pro grün hat schon vor zwei Jahren in einer Pressemeldung und im vergangenen Jahr erneut in einem Schreiben an die Fraktionsvorsitzenden der im Paderborner Rat vertretenen Parteien auf die ökologische Bedeutung dieses Waldes mit dem folgenden Text hingewiesen:
„Das Waldstück ist aufgrund seiner Klimawirkungen und seiner ökologischen Ausgleichsfunktionen, die in diesem Gewerbegebiet besonders wichtig sind, absolut schutzwürdig. Auch als Trittstein-Biotop in Verbindung mit den umliegenden bepflanzten Restflächen und der Alme-Aue hat es große Bedeutung. Es ist auch groß genug, um ein eigenständiges Kleinklima mit eigenständigen Lebensraumbedingungen für Tiere und Pflanzen zu bieten.“
Diese Aussagen behalten weiterhin ihre Gültigkeit. Sie werden zudem bestätigt durch das zwischenzeitlich erstellte faunistische Gutachten, in dem für das fragliche Waldstück 23 Brutvogelarten nachgewiesen werden, davon 5 aussterbende Arten der „Roten Listen“, dazu geschützte Fledermausarten sowie die europaweit auf Roten Listen stehende Haselmaus. Die Bemerkung des Copris-Gutachtens, die Vögel wären dort keine „Traditionsbrüter“ und es beständen „Ausweichmöglichkeiten“ ist aus Artenschutzsicht völlig inakzeptabel, da es einen vergleichbaren Waldbestand im Umfeld nicht gibt.
Aus floristischer Sicht ist hinzuzufügen, dass sich auf der ehemaligen Ruderalfläche in einem Zeitraum von etwa 50 Jahren ohne menschliches Zutun ein Gehölz- und Baumbestand entwickelt hat, der hier natürlich wächst und gute Chancen hat, im Klimawandel weiterhin zu bestehen.
Gänzlich unverständlich sind die Ausführungen der Verwaltung bei der Bürgerinformation am 25. April 2023, nach denen als Ausgleichmaßnahme für die gerodete Waldfläche am Graben in der Hedwig-Dransfeld-Straße ein Gehölzstreifen angepflanzt werden sollte um eine Vernetzung des Gebietes zur Alme hin zu schaffen. Erst das Trittsteinbiotop zerstören, um dann ein Parkhaus mit einem Gehölzstreifen mit den Resten der Almeaue zu vernetzen macht keinen Sinn. Umgekehrt würde es Sinn machen, das jetzt noch vorhandene Waldstück mit der Aue zu vernetzen um es aus der Insellage heraus zubekommen.
Wichtig ist, dass hier nicht Umweltschutz und wirtschaftliche Entwicklung gegeneinander ausgespielt werden, sondern dass nach einer Lösung gesucht wird, die sowohl den Schutz des wertvollen Wäldchens wie auch die wirtschaftliche Weiterentwicklung des Betriebes ermöglicht.
Otmar Lüke, Naturschutzbund Deutschland (NABU)
Markus Müller, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)
Reinhard Schäck, Naturwissenschaftlicher Verein Paderborn e. V.
Dieter Dubisch, Gemeinnütziger Umweltschutzverein pro grün e. V. Paderborn
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Die Stimmen der Waldbewohner – Schutz für ein Wäldchen in Paderborn