Abholzung von Waldgelände an der Lise-Meitner-Straße, Paderborn: Novellierung des Landesbaurechts NRW (2018) eröffnet Alternativen

Zum Beschluss des Bauausschusses v. 9.9.21, nach dem ein Waldgelände an der Lise-Meitner-Straße in großen Teilen dem Bau eines Parkhauses zum Opfer fallen soll gibt pro grün e.V. Paderborn folgende Pressemitteilung aus:

Pro grün erwartet, dass dieser Beschluss des Bauausschusses noch einmal auf den Prüfstand kommt, da die Ausschussmitglieder mit der Verwaltungsvorlage unzureichend und missverständlich informiert wurden. In der Verwaltungsvorlage heißt es, die Erweiterungsfläche sei für die Entwicklung der Firma an diesem Standort „alternativlos“. Daher konnte CDU-Fraktionschef Markus Mertens laut WV v. 15.9.21 im Bauausschuss behaupten: „Die Gerichte geben an dieser Stelle vor, dass bei Erweiterungen entsprechend viel Parkfläche auf dem eigenen Grundstück geschaffen werden muss.“

Richtig ist aber, dass seit Juli 2018 durch eine Novellierung des Landesbaurechts NRW die Möglichkeit besteht, Parkplätze Ahornblätteraußerhalb eines Betriebsgrundstücks nachzuweisen. In dem vom Städtetag NRW und vom Städte- und Gemeindebund NRW gemeinsam erstellten Leitfaden zur Musterstellplatzsatzung NRW v. 20.11.19 wird dies spezifiziert und eine fußläufige Entfernung von maximal 500 m zum Baugrundstück als „zumutbar“ festgeschrieben. Im übrigen muss man im Zuge der fälligen Verkehrswende nicht zwingend davon ausgehen, dass alle Mitarbeitenden mit dem PKW zur Arbeit kommen müssen.

„Wenn diese für die Entscheidungsfindung relevante Rechtslage selbst dem Fraktionssprecher der Mehrheitsfraktion nicht bekannt war, sollte der Beschluss, der die Rodung des größeren Teils des Waldbestandes zur Folge hat, noch einmal überdacht werden,“ verlangt Fritz Buhr von Pro grün.

Jetzt ist die Verwaltung mit dem Liegenschaftsamt gefordert, in zumutbarer Entfernung ein geeignetes städtisches Grundstück zu finden – vielleicht unter Vermittlung durch die Wirtschaftsförderungsgesellschaft und unter Einbeziehung weiterer Kooperationspartner, so dass sogar noch Synergieeffekte aufgezeigt werden können.

Es sollte außer Frage stehen, dass die Stadt selbst allergrößte Anstrengungen unternimmt, um die Firma Hesse Mechatronics an diesem Standort zu halten und hier eine auch von allen sehr begrüßte weitere Erweiterung ihres Betriebes zu ermöglichen. Diese Erweiterung darf jedoch nicht auf Kosten eines zu erhaltenden und weiter zu entwickelnden Waldbestandes im Stadtgebiet gehen.

Pro grün Vorsitzender Dieter Dubisch: „Es würde wie Hohn klingen, wenn die Stadt jetzt eine Baumschutzsatzung erlässt und sich bemüht mit einem 1.000-Bäume-Programm überall in der Stadt Bäume anzupflanzen und gleichzeitig einen ganzen Wald mit hunderten von Bäumen für den Bau eines Parkhauses roden lässt.“

Dieter Dubisch

Vorsitzender pro grün e.V. Paderborn

 


Pro grün e.V. bittet darüber hinaus um einen Perspektiv-Wechsel bei der Betrachtung mobilitätsbezogener Entwürfe:

Unter Berücksichtigung der Klimadebatte – und damit dem Thema Verkehrswende – muss nach zukunftsfähigen Alternativen gesucht werden, statt davon auszugehen, dass jeder Pendler auch zukünftig mit seinem eigenen Kfz zur Arbeit fährt. Wir müssen Mobilität neu denken.

Zum Beispiel kann nach dem Vorbild des Lippischen Mobilitätskonzeptes – parallel zum laufenden IMOK-Prozess (Integriertes Mobilitätskonzept) – erreicht werden, statt 150 geplanter Stellplätze lediglich 50 Parkplätze firmennah einzurichten. Diese Parkplätze sind den teilnehmenden Fahrzeugen vorbehalten. Alle anderen Fahrzeuge werden in der Nähe in – ggf. in Kooperation mit anderen Betreibern erstellten – Parkpaletten abgestellt.

Beispiel: Ein Mitarbeiter der Fa. Hesse fährt morgens mit seinem Leihwagen von Scharmede zur Arbeit. Auf seinem Smartphone wird ihm angezeigt, dass er noch zwei Kolleginnen oder Kollegen auf seiner Route mitnehmen soll. Das Fahrzeug steht dann tagsüber anderen Menschen zur Verfügung. Da es sich um Elektroautos handelt, werden die Fahrzeuge tagsüber auch am Firmenstandort aufgeladen und stehen zusätzlich als Puffer zur Netzstabilisierung zur Verfügung, wenn Sie nicht benutzt werden.

Dieses Konzept auf ca. 50 Firmen in Paderborn übertragen, kann die Mobilitätswende vor Ort einleiten. Dazu gehören noch eine Vielzahl von Maßnahmen.

Im Zusammenhang mit der geplanten Vollsperrung der Bahnhofstrasse, die demnächst besondere Herausforderungen an die Verkehre im Innenstadtbereich mit sich bringt, sind weitere Ideen gefragt. So könnten Shuttlebusse von Salzkotten direkt zu großen Arbeitgebern wie UNI, Benteler und für viele Beschäftigte in der Innenstadt dafür sorgen, dass deutlich weniger motorisierter Individualverkehr benötigt wird.

Zusätzlich: Park&bike Plätze am Ortsrand …