Tornado zerfetzt 1000 Stadtbäume. Pro grün e.V. macht Vorschläge zur Wiederherstellung

Ganze Straßenzüge und die beiden wichtigsten Innenstadt-Parkanlagen sind betroffen. Wie soll die „grüne Lunge“ Paderborns wieder hergestellt werden? Pro Grün macht konkrete Vorschläge.

Ein Tornado hat am Sonntag, den 22. Mai 2022 eine Schneise der Verwüstung hinterlassen.

NSG Uferrandstreifen Dielenpader

NSG Uferrandstreifen an der Dielenpader

Neben zahlreichen Wohngebäuden waren auch 1000 z.T. sehr alte Stadtbäume betroffen, die teils entwurzelt, teils abgeknickt wurden, ein unwiederbringlicher Verlust nicht nur für das Stadtbild, sondern auch für das Stadtklima. Besonders betroffen sind die beiden zentralen Grünanlagen der Stadt, das Paderquellgebiet und der Geißelsche Garten, ein einzigartiges Stück „Urwald im Herzen der Stadt“, wie die Neue Westfälische ihn 2010 in einem Artikel beschrieb. Wo früher efeuumrankte Stämme vor sich hin moderten und eine natürliche Vegetation aus Frühlingsblühern, z.B. mit Lerchensporn oder Aronstab, einen einzigartigen Naturgenuss boten, ragen heute nur noch Baumstümpfe und Wurzelteller aus dem Boden einer großen Freifläche. Einzig entlang der beiden Paderarme, der Dielen- und der Rothobornpader blieb der teils knorrige Baumbestand aus uralten Hainbuchen, Kastanien, Linden und Ahornen erhalten.

NSG Uferrandstreifen an der Rothobornpader

NSG Uferrandstreifen an der Rothobornpader

Wie soll mit der einstigen Naturwald-Fläche “Geißelscher Garten” umgegangen werden? Zweifellos bieten die beiden unter Naturschutz stehenden verbliebenen Baumstreifen entlang der Paderläufe einen idealen Ausgangspunkt für den Wiederaufbau eines naturnahen Waldstücks, der Bürgern und Besuchern Schatten und Sauerstoff und einer artenreichen Tier- und Pflanzenwelt eine Insel des Überlebens bietet. Damit würde auch dem Aspekt des Biotopverbunds und des Artenaustauschs entlang der gesamten Flussachse bis in die Innenstadt hinein Rechnung getragen. Auch für Bürger und Besucher wäre ein naturnaher extensiv gepflegter Parkwald im Geißelschen Garten, entstanden aus einer Mischung aus Anpflanzung und natürlicher Sukzession, ein attraktiver Gegenpol zur benachbarten Grünanlage „Paderquellgebiet“. Natürlich wäre hier viel Geduld und Verständnis seitens der Bürgerinnen und Bürger gefragt. Es bietet sich aber auch die Chance, hier als Lern- und Erlebnisort ein kleines Stück „Natur aus zweiter Hand“ im Herzen der Stadt heranwachsen zu sehen. Gedanken zum Umbau des Geißelschen Gartens in eine intensiv zu pflegende Freiflächen-Grünanlage mit versiegelten Flächen und neuen Wegen, oder gar zur Anlage eines Barockgartens erteilt Pro Grün aus Klima- und Artenschutzgründen eine klare Absage.

Im Paderquellgebiet bietet sich die Chance, nach Verlust der alten Baumsubstanz diesen wichtigen Erholungs- und Erlebnisraum deutlich aufzuwerten und an die Folgen des Klimawandels anzupassen. So sollte er durch eine intensive Großbaumpflanzung viel wirkungsvoller als vorher gegen die randliche Nachkriegsbebauung abgeschirmt werden. Viele Büsche und Sträucher, die vor einigen Jahren aus dem Park entfernt wurden, sollten zurückkehren. Damit würden nicht nur Lebens- und Aufenthaltsqualität für Bürger und Besucher, sondern auch der ökologische Wert des Parks deutlich erhöht. Auch der massive Baukörper der neuen Michaels-Grundschule, der sich in störender Weise bis an die Grenze des Parks heranschiebt, sollte durch neue Großbaumanpflanzungen und intensive Unter- und Zwischenpflanzung optisch zum „Verschwinden“ gebracht werden. Dazu sollte auch der Kinderspielplatz in einen zeitgemäßeren Zustand mit Geräten aus natürlichen Baustoffen und Beseitigung der versiegelten Flächen gebracht werden.

Geisselscher-Garten-Paderborn

Vor dem Tornado

Entlang der Hauptwegeachsen sollte nach Ansicht von Pro Grün eine intensivere wegbegleitende Baumpflanzung erfolgen. Zunehmende Hitzewellen und Intensität der Sonneneinstrahlung erfordern ein Umdenken in der Grünflächengestaltung. Schattenbildung und Sauerstoffproduktion sind oberste Priorität für die Zukunftsfähigkeit der zentralen Grünanlage „Paderquellgebiet“. Soweit die Festsetzungen als Gartendenkmal es zulassen, kann auch an eine naturnähere Ausgestaltung der Gewässerbereiche gedacht werden. Bei der Baumartenwahl für Neuanpflanzungen sollten überwiegend bewährte resiliente heimische Baumarten, ggf. ergänzt durch raschwüchsige fremde Arten (z.B. Silberlinde, Amberbaum, Tulpenbaum, Paulownie), zum Einsatz kommen. Darüber hinaus fordert Pro Grün, dass alle Bäume, die den Tornado auch mit Schäden überlebt haben, erhalten bleiben.

Matthias Reiche

für Gemeinnütziger Umweltschutzverein pro grün e.V. Paderborn

 

Dielenpader-Uferrandstreifen

Geisselscher Garten Paderborn