Accelerating Change – Den Wandel beschleunigen. Zum Tag des Wassers 2023.

Pressemeldung von pro grün e.V. Paderborn zum Tag des Wassers, 22.3. 2023

„Wir alle müssen jetzt handeln“ fordern die Paderborner Wasserwerke mit Recht, denn Trinkwasser ist unser wichtigstes Lebensmittel! Es gilt, es zu schützen! Wie sehr diese Forderung berechtigt ist, macht ein Blick auf die Daten des Deutschen Wetterdienstes in Bad Lippspringe deutlich: In dem Zeitraum von 2009 bis 2020 hatten wir mit Ausnahme von 2017 in jedem Jahr ein Niederschlagsdefizit gegenüber dem langjährigen Mittel; in der Summe waren es 1.500 mm Niederschlag. Es fehlte also in 6 Jahren die Niederschlagsmenge eines ganzen Jahres, im Schnitt also mehr als 15 % weniger Regen jedes Jahr.

Dabei waren unsere Wasserwerke in ihrem Wasserversorgungskonzept im April 2018 noch von landesweiten Prognosen ausgegangen, die eine jährliche Erhöhung von 2 bis 9 % voraussagten und entsprechend kein Absenken der Grundwasserspiegel zu erwarten war. 2007 hatten die Paderborner Naturschutzverbände beim Erörterungstermin für das Tiefenwasser am Diebesweg mit Blick auf den Klimawandel gefordert, eine Teilmenge von 4 Mio. m3/a nur als Erlaubnis, nicht als Bewilligung zu erteilen, die leichter zu kündigen wäre. Die Antwort der Bezirksregierung: Der vorausgesagte klimatische Wandel wird in den nächsten 30 Jahren noch keine Bedeutung haben. Soweit die Behörden. Eine Förderung von 11 Mio. Kubikmeter Tiefenwasser jährlich wurde für 30 Jahre, von 2007 bis 2037, genehmigt. Wir hatten ja ein Dargebot von über 30 Mio. Kubikmetern im Jahr.

Jetzt sind wir alle schlauer geworden, der Klimawandel, von dem zu befürchten ist, dass er in manchen Ländern des globalen Südens in einer Katastrophe enden könnte, vollzieht sich sehr viel schneller, auch bei uns.  Der am 20.3.23 bekannt gemachte aktuelle Bericht des Weltklimarats bestätigt dies leider wieder: Der Wandel geht schneller voran als von den Wissenschaftlern bisher berechnet.

So kann es niemanden Erstaunen, dass der Grundwasserspiegel nicht nur im Kreis Paderborn, sondern auch in OWL und im ganzen Land kontinuierlich weiter sinkt. Dabei gilt jetzt auch nicht mehr die alte Faustregel, nach der im Sommer die Hälfte des Niederschlags der Grundwasserneubildung zugutekommt, während die andere Hälfte von der Vegetation aufgenommen wird oder verdunstet. Jetzt wird wegen der verlängerten Vegetationsperiode mehr Niederschlagswasser von den Pflanzen aufgenommen und infolge der Temperaturerhöhung verdunstet auch mehr. Hinzu kommt, dass ein Teil des weniger an Niederschlag in Form von Starkregen niederprasselt und oberflächig abfließt, da der trockene Boden es nicht schnell genug aufnehmen kann.

Wenn dieser Trend des sinkenden Grundwassers sich fortsetzt, dann müssen wir mit dem sinkenden Dargebot an Trinkwasser sorgsamer umgehen, denn das Grundwasser ist es, aus dem wir den größeren Anteil unseres Trinkwassers schöpfen.  Man kann nicht auf Dauer von einer endlichen Substanz leben, sondern muss nachhaltig damit umgehen.

Können wir es uns auf Dauer leisten, täglich mit rund 34 l ein Viertel unseres täglichen Trinkwasserverbrauchs durch die Toilette zu spülen? Um die Absurdität der Verschwendung unseres wichtigsten Lebensmittels darzustellen, hatte Greenpeace vor mehr als 20 Jahren in einer Wanderausstellung ein beeindruckendes Exponat: Auf einem gusseisernen rechteckigen Behälter, wie man ihn früher in Toiletten unter der Decke aufgehängt hatte, mit Wasser gefüllt zur Toilettenspülung, stand ein Mineralwasserkasten mit 12 ¾ l Flaschen. Das waren 9 l Trinkwasser für eine einzig Spülung. Jetzt hat man immerhin eine Spartaste für das „kleine Geschäft“.

Pro grün hat in seiner Stellungnahme zum Bebauungsplan Alanbrooks gefordert, die Stadt solle Dachablaufwasser für die Toilettenspülung vorschreiben, denn dieses diene nicht der Grundwassererneuerung sondern würde über das Kanalsystem oberflächig abgeleitet.

Grundsätzlich begrüßenswert antwortete die Verwaltung, das ginge aber rechtlich nicht im Rahmen der Festsetzungen des Bebauungsplans. Richtig, aber die Stadt könnte das festsetzen beim Verkauf des Baugrundstücks. Besser noch wäre die Vorschreibung von Brauchwassernutzung, etwa des Duschwassers für die Spülung. Bei großen Bauquartieren wie Springbachhöfe und Alanbrooks hätte man es sehr gut vorschreiben können; bei Barker und Dempsey ginge es auch jetzt noch. Durch die Schaffung der notwendigen Infrastruktur könnte man es umsetzen! Im Altbestand wäre es sehr viel teurer. Aber immerhin wäre ein zukunftsweisender Ansatz gemacht. Wir müssen für eine neue Zeit bauen: energie- wie ressourcenschonend.

Ein großes Einsparpotential läge auch in der Veränderung des Duschverhaltens vieler Menschen. Es trägt mit 38 l zu mehr als einem Viertel bei zu unserem täglich Trinkwasserverbrauch von 125 l. Ministerpräsident Winfried Kretschmann wurde zu Unrecht belächelt als er erklärte, man brauche nicht täglich zu duschen, ein Waschlappen täte es auch. Weder aus gesundheitlichen noch aus hygienischen Gründen muss man täglich oder auch alle zwei Tage duschen. Und das brächte dann mehr an Einsparung als viele der Tipps, die die Stadtwerke aufzählen.

Wie sich die Häufung heißer Sommertage und das Niederschlagsdefizit auswirkt auf den Grundwasserpegel, kann jetzt immer häufiger an dem Trockenfallen der Fischteiche in den Sommermonaten beobachtet werden: Der Grundwasserspiegel sinkt. Damit erfüllt sich das Motto des Weltwassertages 2022:

Grundwasser: das Unsichtbare sichtbar machen. 

Das Absinken des Grundwasserspiegels wird auch deutlich werden bei unserem so geschätzten Tiefenwasser. Der letzte, 2018 gebohrte Brunnen ging auf eine Tiefe von 453 m. Die ersten Brunnen in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts lagen im Bereich von 200 m. Tiefer bohren ist keine Lösung, zumal bei einer Übernutzung die Gefahr einer Versalzung vom Westen her droht. Jetzt mit dem Trinkwasser sparsamer umgehen lautet das Motto!

Fritz Buhr

pro grün e.V. Paderborn

 

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Interessanter Link “Praxistipp”:

Wasser- und Energiespartip, ein Video aus der ARD Mediathek

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https://www.unwater.org/bethechange/